Der Begriff Kreditrisiko (Adressrisiko, Adressenausfallrisiko) beschreibt das bei jeder Kreditvergabe bestehende Risiko, dass der Betrag nicht oder nur teilweise entsprechend den Vertragsvereinbarungen zurückgezahlt wird.
Banken verleihen Geld, dies ist ihr ursprüngliches Geschäft seit der Gründung der ersten Privatbank, Monte Dei Paschi di Siena im Jahr 1472. Und genauso lange berechnen Banken das Kreditausfallrisiko. Der Begriff Kredit, der diese Geschäftstätigkeit umschreibt, rekrutiert sich aus dem lateinischen Wort „credere“, glauben.
An die Stelle des Glaubens an die Kreditfähigkeit eines Antragstellers ist heute ein industrialisierter, EDV-basierter Prozess getreten, welcher die Kreditwürdigkeit eines potenziellen Darlehensnehmers durchleuchtet, um sicherzustellen, dass das Darlehen auch zurückgeführt und das Kreditausfallrisiko möglichst gegen null läuft. Die Bank betreibt ein Kreditrisikomanagement.
Persönliche Umstände geben nicht alleine den Ausschlag für die Beurteilung
Banken müssen das Kreditrisiko (credit risk) beurteilen können, um zu wissen, ob das Darlehen überhaupt ausgereicht werden kann, und wenn ja, zu welchem Kreditzinssatz. Der Zins, welcher der Kreditnehmer zahlen muss, preist das Risiko ein, dass er das geliehene Geld nicht zurückzahlen kann. Grundlage für diese Kalkulation ist die Bonitätsprüfung. Diese fußt aber nicht nur alleine auf den finanziellen Umständen des Antragstellers, sondern bezieht noch weitere persönliche Daten, aber auch sozioökonomische Faktoren bei der Beurteilung mit ein. Die Bank betreibt ein ausgefeiltes Kreditrisikomanagement (Credit Risk Management). Natürlich spielt die Frage eine Rolle, wie hoch das frei verfügbare monatliche Einkommen ist, um die Rate tragen zu können. Neben den Einkommens- und Vermögensverhältnissen geht die Einschätzung des Kreditausfallrisikos aber noch weiter. Der Wohnort, Postleitzahl und Straße, wird bei der Analyse ebenso herangezogen, wie der Familienstand und die Anzahl der unterhaltspflichtigen Kinder.
Da das Einkommen eine wesentliche Rolle bei der Rückführung des Darlehens spielt, ist nicht nur die Frage nach dem Arbeitgeber, sondern auch die Frage nach der Branche ausschlaggebend. Daraus wird im Entscheidungsprozess abgeleitet, wie sicher der Arbeitsplatz und damit das Einkommen ist. Die Gewichtung der sozioökonomischen Faktoren erfolgt ebenfalls maschinell. Am Ende dieses Prozesses, quasi dem Abschluss des Kreditrisikomanagements, erhält der Antragsteller ein Scoring, welches die Wahrscheinlichkeit widerspiegelt, dass der Kredit ordnungsgemäß zurückgeführt wird.
Zinsen spiegeln Risiken wider
Ein Kreditausfallrisiko besteht aber nicht nur bei der Vergabe von Privatkrediten, sondern natürlich auch bei der Vergabe an Darlehen an institutionelle Darlehensnehmer und auch bei Staaten. Argentinien und Griechenland sind die populärsten Fälle eines Staatsbankrottes, der sich in der Nichtzahlung von Verpflichtungen aus Staatsanleihen und einem späteren Schuldenschnitt zeigte. Unabhängig davon, ob es sich um ein Darlehen an eine Privatperson oder an einen Staat handelt, die Bonität, und damit das mögliche Ausfallrisiko, beeinflusst die Zinsen.
Je schlechter die Bonität und je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Kredit nicht oder nur teilweise zurückgezahlt wird, um so höher ist der Zins. Privatkunden erhalten bei einem entsprechend schlechten Scoring kein Darlehen, angeschlagene Staaten müssen vergleichsweise zum übrigen Kapitalmarkt enorm hohe Zinsen aufbringen. Für diese Länder bedeutet dies eine doppelte Problematik. Zum einen sind die Staatskassen leer, zum anderen müssen auch noch Zinsen gezahlt werden, welche das Haushaltsdefizit noch weiter in die Höhe treiben.
Während private Darlehensnehmer mit herausragend guter Bonität jedoch immer noch Zinsen, wenn auch niedrigere als der Durchschnitt, entrichten müssen, können sich Staaten mit hervorragender Bonität sogar mit einer Darlehensaufnahme entschulden. Jüngstes Beispiel war die Bundesrepublik Deutschland, die durch ein Agio auf eine Staatsanleihe, welches über dem Zinssatz lag, den Anlegern eine negative Rendite und sich selbst damit einen Überschuss bescherte. Dies ist allerdings eine Ausnahme, auch wenn das Kreditausfallrisiko einer Anleihe der BRD gegen null tendiert.
Im Fachjargon wird anstelle von Kreditrisiko auch von Adressrisiko bzw. Adressenausfallrisiko gesprochen.
EZB Kreditmanagement & Kreditrisikoüberwachung
Die Bilanz der Europäischen Zentralbank beläuft sich auf mehrere Billionen Euro. Und die EZB hat die Aufsicht über die Kreditinstitute und Pflicht der Kreditrisikoüberwachung, ob die Kreditvergabe nach geltenden Vorschriften erfolgt. Dazu einen „Leitfaden der EZB zu internen Modellen“ verfasst. Dort steht u. a.
„Nach Maßgabe der Artikel 143, 283 und 363 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (CRR)1 ist von der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Erlaubnis zur Verwendung interner Modelle für Kreditrisiko, Gegenparteiausfallrisiko (Counterparty Credit Risk – CCR) und Marktrisiko zu erteilen, wenn die betroffenen Institute die Anforderungen der maßgeblichen Kapitel der CRR erfüllen. Der Leitfaden der EZB zu internen Modellen basiert auf dem derzeit geltenden Unionsrecht und nationalen Recht. Er stellt Transparenz darüber her, wie die EZB beabsichtigt, die einschlägigen Vorschriften einheitlich anzuwenden, wenn sie beurteilt, ob die Institute diese Anforderungen erfüllen. “
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